Unsere neue Erde ---- Die 5. Dimension

Es wollte unbedingt hierhin - dieses Sternenkind. Ich habe es in meinem Märchenbuch veröffentlicht: Die traurige Prinzessin und der hüpfende Stein - Ursulas Märchen- und Parabelbuch Band I
… aus dem Rauschen des Waldes übertragen ins Deutsche von Ursula Zauns

Ich hatte meine Märchen für mich geschrieben - viel mehr schreiben lassen, denn sie flossen von selbst. Doch dann veröffentlichte ich sie, weil meine Freunde meinten, sei seien zu schade für die Schublade. Und nun habe ich festgestellt, dass sie auch für Kinder sehr geeignet sind. Eine Freundin hatte mein Buch zur Lichtkinderkonferenz mit. Die Kinder waren begeistert - so sagte zumindest meine Freundin. Und so erzähle ich dies für die Kinder in euren Herzen.

Und wer mehr wissen möchte: alles andere steht auf meiner Verlagswebseite - dort ist auch die Titelgeschichte als Leseprobe.

Sternenkind

Vor langer, langer Zeit lebte in einem Land namens Irwana ein wunderliches Volk. Sie alle stammten von Königen und Fürsten ab, doch keiner von ihnen wusste mehr davon. Aus allen Himmelsrichtungen waren sie dorthin gekommen, weil es in ihren Heimatländern zu unwirtlich geworden war.

In Alkana war die Erde so trocken geworden, dass die Menschen nichts mehr anbauen konnten. So machten sich denn ihre Führer, der König mit seiner Familie und die Fürsten auf den Weg, um nach einem neuen, besseren Land zu suchen. Erst Generationen später fanden sie dies endlich in Irwana.

Die Menschen aus Atalanta hatten ihr Land verlassen müssen, weil es überschwemmt wurde. Atalanta war damals eine Insel, doch das Meer stieg immer höher und eines Tages war von der Insel nichts mehr zu sehen. Die Atalanter hatten nach vielen Generationen ebenfalls Irwana erreicht.

Nun lebten sie alle hier, mehr oder weniger glücklich, ohne eine Erinnerung an ihre wirkliche Heimat und die meisten Bewohner meinten sogar, sie hätten hier schon immer gelebt.


Eines Tages geschah es, dass in eine Familie ein ungewöhnliches Kind geboren wurde. Anders als all die anderen Bewohner hatte es blonde Locken und blaue Augen. Die meisten Einwohner von Irwana waren braun- oder schwarzhaarig und hatten braune oder graue Augen – aber noch niemals hatten sie einen Menschen mit blauen Augen gesehen.

Als nun Verwandte und Freunde die junge Mutter besuchten, besahen sie sich scheu das Neugeborene, das seine blauen Augen weit offen hatte und neugierig alle anblickte, die sich über seine Wiege beugten. Da zur Zeit seiner Geburt eine Sternschnuppe über dem Ort erschienen war, nannte die Mutter ihr Kind „Sternschnuppe“.

Die Jahre vergingen und Sternschnuppe wuchs zu einem jungen Mädchen heran. Die blonden Haare waren sanft gelockt und die Augen strahlten immer noch im tiefen Blau wie der Sommerhimmel. Sternschnuppe merkte schon sehr früh, dass sie anders war als die anderen Kinder. Und das hatte nicht nur mit ihrer Haar- und Augenfarbe zu tun. Denn Sternschnuppe wusste ganz genau, wo sie herstammte. Jedem, der es hören wollte – und auch denen, die dies nicht wollten – erzählte sie von dem Stern, von dem sie herkomme.

Doch je älter sie wurde, desto seltener sprach sie darüber. Denn keiner wollte ihr glauben, was sie da berichtete. Immer wieder hatte sie als Kind beschrieben, wie der Stern aussehe, wie das Leben dort war, aber die Erwachsenen sagten immer nur: „Du mit deiner Phantasie.“ Oder „Na, das ist ja ganz nett, aber nun iss deine Suppe auf.“ Und so hatte sie irgendwann aufgehört, überhaupt darüber zu sprechen.

Das änderte aber nichts an dem, was sie glaubte. Sie wusste ganz tief in ihrem Herzen, dass sie von jenem Stern kam, und das konnte ihr keiner ausreden. So kam der Tag, an dem Sternschnuppe fünfzehn Jahre alt wurde. Dieser Tag wurde, wie das in Irwana üblich war, groß gefeiert. Denn mit fünfzehn Jahren wurde ein Mädchen in die Welt der Erwachsenen aufgenommen.

Die meisten ihrer Verwandten und Freunde glaubten, dass Sternschnuppe nicht mehr an ihren Herkunftsstern denken würde. Doch weit gefehlt. An dem Morgen ihres Geburtstages ging Sternschnuppe zu einem kurzen Spaziergang in den Wald. Dort erinnerte sie sich, wie sie ihren Stern verlassen und nach Irwana gekommen war. Sie rief sich alles in ihr Gedächtnis, dann lächelte sie und nickte. Jetzt konnte sie ihre Besucher empfangen; sie wusste, dass ihre Geschwister von ihrem Stern bei ihr sein würden, auch wenn keiner in Irwana sie sehen konnte.


Als Sternschnuppe noch etwas älter war, fragte der eine oder andere Bursche sie, ob sie ihn nicht heiraten wolle. Dann erzählte sie ihm, wo sie herkomme. Keiner wollte ihr das abnehmen, aber seltsam – keiner konnte ihr deshalb lange böse sein und keiner der abgewiesenen Freier verlor darüber auch nur ein Wort.

So wurde Sternschnuppe endlich zwanzig und war immer noch nicht verheiratet. Dies war sehr ungewöhnlich in Irwana, denn die meisten Mädchen heirateten mit siebzehn oder achtzehn. Nur bei den ganz Hässlichen dauerte es schon mal, bis sie zwanzig oder einundzwanzig waren.

Aber Sternschnuppe war alles andere als hässlich. Auch wenn sie anders aussah, so waren doch ihre Gesichtszüge ebenmäßig und die meisten bewunderten ihre goldenen Haare, die wie die Sonne leuchteten.

Als ein weiteres Jahr vergangen war, geschahen seltsame Dinge in Irwana. Plötzlich erkrankten Menschen und kein Arzt konnte ihnen helfen. Sobald aber Sternschnuppe kam und mit dem Kranken redete und ihm die Hand auflegte, wurde dieser gesund. Viele von denen, die Sternschnuppe so behandelt hatte, fingen an zu grübeln. Auch ihnen kam eine eigentümliche Erinnerung daran, dass sie von einem Stern kämen.

Nach ein paar Jahren waren es schon eine ganze Reihe Menschen, die Sternschnuppe glaubten, dass sie von „ihrem“ Stern kam, oder zumindest es für möglich hielten. Und diese Menschen nannten sie nun Sternenkind. Wenn sie das hörte, dann lächelte sie nur.


Wieder vergingen mehrere Jahre, in denen Sternenkind von Ort zu Ort wanderte, mit Kranken sprach und ihnen die Hand auflegte. Manche Familien lehnten sie ab und verschlossen die Tür vor ihr, doch auch dann lächelte Sternenkind nur.

Dann kam der Tag, an dem Sternenkind von seinen Sternengeschwistern erfuhr, dass sie bald zu ihnen zurückkehren dürfe. Sie lächelte wieder und nun, da sie wusste, dass sie nicht mehr lange in Irwana weilen würde, erzählte sie allen, die zu ihr kamen, von dem Stern. Und immer wieder sagte sie den Menschen: „Diesen Stern kennt ihr auch. Das Wissen tragt ihr in euch. Glaubt daran.“

Ein Jahr später verließ Sternenkind Irwana für immer. Kurz bevor sie ging, sagte sie zu ihren Freunden: „Ihr braucht mich nun nicht mehr. Ihr wisst nun selber, wo ihr herkommt. Und ich werde euch Licht schicken, so viel wie ihr haben mögt. – Seid gesegnet!“